
Blick auf die älteste Kirche Oppelns von der Oder-Insel Pascheke mit der frühesten Ansiedlung der Opolini
Der Weg vom Hauptbahnhof quer durch die Innenstadt zur gemieteten Ferienwohnung (nord-östlich des Zentrums) vermittelt einen Eindruck von Oppeln, der eher irritiert als begeistert. Die Stadt ist zerfleddert und lebt in vielerlei Gewändern, die nicht immer zu einander passen.
Der Bahnhof entstammt dem Geschmack des späten 19. Jahrhunderts (roter Ziegelstein), gleich gegenüber beginnt ein Sammelsurium aus Resten bürgerlicher Fassaden und lieblosem sozialistischen Wiederaufbau.

Der Hauptbahnhof, heute ebenso unübersichtlich wie die Stadt selber
Wo früher die Stadtmauer der recht kleinen Stadt war, erhebt sich eine riesige Steinskulptur, die den polnischen Nationalismus schürt – erst um 1970 errichtet, soll sie an die „Freiheit“ der Polen oder den „Sieg“ über deutsche Fremdherrschaft erinnern. Ignoriert wird dabei, dass es eine international überwachte Abstimmung nach dem Ersten Weltkrieg gab, die fast einstimmig für den Verbleib bei Deutschland optierte.
Die Geschichte polnischer Königreiche ist wenig nationalistisch gewesen, aber im 19. und 20.Jahrhundert wurde das gerne nationalistisch dargestellt.
Oppeln war seit seiner Gründung (ca. 950) böhmisch, schlesisch, österreichisch und preußisch. Die Piasten, die Oppeln lange besaßen (familiäre immer zersplittert), wählten über einige Zeit auch den polnischen König mit.

Nike auf einem Wisent
Als ich nach dem Namen der (riesigen) weiblichen Figur fragte, stieß ich sogar in der Touristeninformation auf betretene Unkenntnis. Sehr geheuer war dem freundlichen Mitarbeiter dieses emotionale Monstrum nicht. Sie wird gern als „Nike auf einem Wisent“ bezeichnet. Als „Europa auf dem Stier“ könnte sie eine bessere (politische) Figur abgeben.

Eine Seitenansicht des Rathauses von 1822
Weniger imposant und weniger eindrücklich präsentiert sich der Rynek, der zentrale Marktplatz: ein Eindruck schinden wollendes Rathaus im florentinischen Stil (erbaut erst 1822) ist umgeben von Häusern mit barocken Fassaden. Sie sind allerdings nicht mehr original. Nicht nur Großbrände im 17. und 18. Jahrhundert hatten sehr große Teile der Stadt zerstört, auch der Zweite Weltkrieg ließ nur 40% der Häuser übrig.

Wieder aufgebauten Häuser am Marktplatz (Rynek)
Die „alten“ Häuser am Rynek sind mithin ein frühes Zeugnis polnischen Wiederaufbau-Willens – in Warschau wurde der Marktplatz prototypisch früh wieder rekonstruiert. Danach kamen dann die sozialistischen Plattenbauten.

Häuser am Rynek
Oppeln ist architektonisch ein Flickenteppich, der große Löcher hat.
Das Leben in der Stadt hat sich dem Erscheinungsbild angepasst: man weiß nicht so recht, woran man ist.

Der Versuch, sich nach dem Krieg ein skandinavisches (= internationales) Gesicht zu geben