Archiv der Kategorie: 2013_China

Yahon Chang – Wesen und Antlitz

Ankündigungstexte von Ausstellungen asiatischer Künstler in Deutschland sind kryptisch, müssen es fast zwangsläufig sein, denn man ist gewungen zugleich mit dem Fremden und dem Vertrauten zu werben.

Das ist auch bei Chang Yahon* aus Taiwan der Fall. Es wird auf seine Wurzeln in der Kalligraphie hingewiesen und ebenso auf eine Brücke zur westlichen Malerei. Solche Hinweise sind so herrlich vielfältig, dass man sich keine Vorstellung vom Ergebnis machen kann.

Zwei kalligraphische Figuren - 2013. Beweglich, energisch, aktiv

Zwei kalligraphische Figuren – 2013. Beweglich, energisch, aktiv

Ich habe in China Ausstellungen mit klassischer Tuschemalerei gesehen und Arbeiten mit teils zaghaften, teils vehementen Schritten in eine zeitgemäße Darstellungsform. Ich habe aber auch Ausstellungen mit aktueller chinesischer Kunst (vor allem in Peking) gesehen. Und ich habe immer wieder versucht, mich mit Künstlerinnen und Künstlern über ihre Arbeiten zu unterhalten. Ich habe manches verstanden, aber vor allem ahnend gelernt, dass eine Brücke des Verstehens vielleicht garnicht möglich ist.

Nach der Ausstellung von Chang Yahon würde ich sagen, dass ein Verständnis von einer zur anderen Kunst, von einer zur anderen Kultur auch nicht notwendig ist.

In der Kunsthalle Faust (Hannover) wird in durchaus umfassender Weise das Werk des heute 66jährigen Künstlers in einem großen Raum präsentiert. Ein erster Rundblick verwirrt, weil man einerseits Arbeiten sieht, die deutlich aus der Arbeitsweise der Kalligraphie herkommen, andererseits Arbeiten, die ein Eintauchen in europäische Formen und Sujets der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts widerspiegeln. Man kann das nicht zusammen bringen und man kann es auch nicht verbinden.

Chang Yahon_2013_faces

Chang Yahon_2013_faces

Man sieht, dass Chang ein präzise arbeitender, kenntnisreicher Künstler ist, der mit Farben und Formen sicher umgeht.

Chang Yahon_2010_Kopf

Chang Yahon_2010_Kopf

 

 

 

 

 

 

Europäisch-amerikanische, also westliche Kunst befragen wir gerne nach Inhalten – was versteckt sich in Figuren, Symbolen, Farben und Formen. Und Kunstwerke aus dem chinesischen Kulturraum werden gerne auf eine Verbindung zur alten Kultur oder von der Tradition zur Zeitgenossenschaft hin betrachtet. Ich habe den Künstler genau in diesem Sinne nach dem Weg von der klassischen Kalligraphie zur modernen Tuschemalerei und nach der Übertragung in die sich so anders verhaltenden Ölfarben gefragt. Die Antwort war keine Antwort in unserem Sinn. Sie war eine Wegweisung in historische Tiefen der Kultur.

 

„Man nimmt ein kleines Element“, sagte Chang Yahon (in der englischsprachigen Intepretation seiner Tochter), „und versucht herauszufinden, wie man es entwickeln und in seiner Bedeutung vergrößern kann. Im Grunde ist es ein Verstehen der alten chinesischen Schriftkunde und Literatur. Je tiefer man geht, um so empfindsamer wird es  (very sentimental); es ist ein imaginärer Raum voller Poesie. Es geht um ein Bewußtsein des Raumes.“

Während Changs Tochter Francise mir seine Hinweise und Gedanken übersetzte und erläuterte, nahm er meinen Katalog und „schrieb“ rasch einen Kopf aufs Papier und in einem zweiten Akt „zeichnete“ er eine zeitgenössische Kalligraphie. Beides kommt für ihn aus dem gleichen Strich.

2014_Kalligraphie in Katalog

2014_Kalligraphie in Katalog

2014_Zeichnung in Katalog

2014_Zeichnung in Katalog

 

 

 

 

 

 

 

 

Es gibt aber auch stark farbige Ölmalereien von großen Leinwänden mit Köpfen, Gesichter in Schwarz-weiß und Farbe, bemalte Keramiken und glänzend polierte Metallgesichter als Skulpturen in seinem Œuvre. Diese Vielfalt kann man nur umfassen, wenn man hinab steigt in der erwähnten „imaginären Raum voller Poesie“, sonst bekämpfen sich die Sujets und die Stile.

Chang Yahon und Francise während der Eröffnung in Hannover

Chang Yahon und Francise während der Eröffnung in Hannover

Mir schien die Vielfalt in der Ausstllung zwar informativ, aber auch unangebracht (ohne dass ich dafür eine klare Erklärung hatte). Als ich später mehrere Kataloge durchblätterte, fand ich einen mich überzeugenden Hinweis: alle Arbeite von Chang Yahon sind Solitäre. Dass sie als Reihen oder thematische Zyklen präsentiert werden, verleitet uns Veränderungen, Weiterungen, Abwandlungen von einem zum anderen zu erwarten und zu suchen. Aber es sind keine Veränderungen der Sujets, es sind Veränderungen der Empfindungen, des Raumes oder der Raumtemperaturen. Es sind Nuancen eines Zeichens wie es sie in der chinesischen Schrift immer wieder gibt. Die Verknüpfung von Zeichen-Wurzeln (Radices) und die Addition verschiedenartiger Zeichen zu neuen Wörtern und Bedeutungen sind ein „movens“ der künstlerischen Arbeit von Chang Yahon.

Man sollte seine Arbeiten nur einzeln betrachten, sich nur auf ihren Raum konzentrieren, dann erfasst man die Qualität des Künstlers und seiner Werke. Es ist gleichgültig, wie europäisch Chang Yahons Malerei uns manchmal erscheint, sie setzt sich nicht mit der westlichen Kunst auseinander, sondern mit einem Raum, den ihm die traditionellen Elementen seiner Kultur vorgeben.

Vergleichen bringt keinen Gewinn, aber sich einlassen auf das scheinbar so Vertraute im Fremden.

* (Yahon Chang in gewohnter deutscher Schreibweise)

Von September bis November 2013 wurden Werke von Chang Yahon im Kunstforum Markert in Hamburg gezeigt, kuratiert vom Prof. Claus Friede, der ebenfalls die Auswahl für Hannover vornahm.

Treffen mit Pan Gongkai in Peking

Ausstellungsplakat. März. 2013. "Dispersion and Generation"

Ausstellungsplakat. März. 2013. „Dispersion and Generation“

Frühjahr 2013

Durch Zufall haben wir, Xiao Xiao, Designerin mit chinesischem und deutschem BA, und ich den chinesischen Künstler Pan Gongkai in seiner Soloausstellung „Dispersion und Generation“ im Today Art Museum in Peking am 15. März 2013 getroffen.

Die Eröffnung lag erst einige Tage zurück. Pan Gongkai gilt als einer der renommiertesten Künstler im Bereich der aktuellen Tusche-Malerei. Er ist außerdem der Direktor der Zentralen Freien Kunsthochschule in Peking (cafa), der angesehendsten in China.

Pan Gongkai war einer der fünf Vertreter der chinesischen Kunst auf der Biennale in Venedig 2011. Im vergangenen Jahr hatten Xiao Xiao und ich mehrfach mit dem Kurator des chinesischen Beitrags 2011, Peng Feng, Kontakt. Xiao wußte somit über Stellung und Auftritt des Künstlers in Venedig einigermaßen Bescheid.

Wir wollten gern ein paar Sätze mit dem Künstler sprechen. Er war gerne dazu bereit, zumal es gerade sein „Pressetag“ war, aber er war bereits mit einigen Journalisten verabredet. Wir wurden von ihm als Gäste eingeladen und waren Mithörer eines gut einstündigen Interviews.

Xiao Xiao machte Notizen von dem natürlich in chinesischer Sprache geführten Gespräch. Aus diesen Notizen entstand der folgende Text, der Pan Gongkais Gedanken und Argumentation wiedergibt. Statt der originalen Fragen stehen hier nur Formulierungen, die die Rolle von Kapitelüberschriften tragen.

Über Pan Gongkai findet man ausreichend Material im Internet über Google. Ankündigungen seiner Ausstellung im Today Art Museum erläutern in Englisch die Grundtendenz seines Denkens und Arbeitens.

Wie groß die Schwierigkeiten einer Übertragung vom Chinesischen ins Deutsche sein können, erweist sich am Titel: er lautet in seiner englischen Version auf dem Ausstellungplakat „dispersion and generation“, was man mit „Auflösung“ und „Erzeugung“ übersetzen könnte. Die chinesischen Zeichen des Titels verweisen auf einen „Duft, der den Raum erfüllt“ und auf „etwas, das heraus kommt“, ein Ergebnis vielleicht. Der Künstler erläutert gleich zu Beginn des Gesprächs den Titel mit einem Hinweis auf physikalische Begriffe. „Dispersion“ als ein Verteilen erscheint fachsprachlich als Diffusion und bedeutet eine Durchmischung von verschiedenen Teilchen und beruht auf der ungerichteten Zufallsbewegung von Teilchen auf Grund ihrer thermischen Energie (Wikipedia). „Generation“ findet man fachsprachlich als Generieren im Deutschen wieder; vielleicht umschreibt man es am besten als ein ungerichtetes Entstehen oder Herstellen.

Hier benutzen wir die Begriffe Diffusion und Generieren.

PGK Working

1.      Über den Titel seiner Ausstellung „Diffusion und Generieren“

Diffusion und Generieren sind zwei Begriffe aus der Physik. Sie beschreiben einen Prozess, der zu einem spezifischen Ergebnis führt, das ich mir sehr gewünscht habe. Ich habe die beiden physikalischen Begriffe auf die heutige Kultur übertragen, weil für mich Begriffe unterschiedlicher Wissensdisziplinen eine erstaunliche Ähnlichkeit aufweisen. Diffusion kann im kulturellen Sinne Globalisierung bedeuten, also dass sich eine kulturelle Erscheinung in einer anderen Kultur ausbreitet.

Kultur kann sich deswegen auch sichtbar und spürbar ausbreiten wie Duft oder Luft in einem physikalischen Prozess. Auf einer tieferen Ebene kann man auch sehen, dass die stärkere Kultur die Schwächere beeinflusst, dominiert und sogar langsam ersetzt. Wie es bei der Diffusion in der Physik geschieht, wo die Luft immer an den Ort geht, an dem es weniger Luft gibt.

Generieren ist ein konstruierter Ablauf. Das Kreieren ist ein wichtiger Punkt im diesem Verlauf. Das Ergebnis, das am Ende erarbeitet wird, sollte ein neues Ergebnis. Das weist auf einen Fortschritt hin, ein Weiter(aus)treiben aus dem Alten. Im kulturellen Kontext ist das Ergebnis aus dem Generieren eine neue Tatsache, die unter der heutigen Komplexität verstanden werden sollte. Das ist kein Nationalismus, das bedient auch nicht nur eine Nation. Das Ergebnis sollte weltweit entsprechend und  ansprechen und von allen Menschen gemeinsam genutzt und angeschaut werden.

2. Sie haben in ihrer Ausstellung nicht nur Malerei gezeigt sondern auch Installation. Aus welchem Grund haben Sie für die Ausstellung eine Installation konzipiert?

Installation ist eine künstliche Ausübung, eine Manipulation von jemandem. Eine Installation zieht insofern Aufmerksamkeit an, weil hier eine falsche Situation gebildet ist, die unserer Verstandeslogik nicht passt. Die künstlerische Installation macht das Netz der alltäglichen Logik und die Beziehung der Kausalität kaputt. Alle guten Kunstwerke sind nach meinem Begriff falsch gebildete Konstruktionen, die aus unserem Alltagsleben herauskommen und zugleich keinen Zusammenhang damit haben. In meiner Installation ist alles falsch. Die Räumlichkeit habe ich dem Besucher mit Hilfe tausender Spiegel in einen Luftraum verwandelt, obwohl es gar keinen Luftraum in der Ausstellungshalle gibt. Die Bewegung von Sterne habe ich auch falsch gemacht…

3. Wie haben Sie Ihre Installation gebaut, wenn alles falsch ist?

Ich habe die Bauanleitung sehr exakt gemalt und konstruiert. Hinzu kommt noch die Zusammenarbeit mit Mathematikern und Technikern.

Mit der Musik für die Installation habe ich eine Band beauftragen, die die Stimmung aus dem Luftraum und ohne Melodie herausgearbeitet haben. Acht Tage habe ich mit allen Leute die Installation aufgebaut. Ich bedauere, dass ich weniog gutes Spiegelmaterial benutzt habe. Aus kostengründen wählte ich billigeres Material, das  statt 90% der Reflektionsfähigkeit vom teuren Material nur mit 70% das Licht reflektiert.

4.  Würden Sie mehr über Ihre Projektion „Schnee“ erzählen?

Ich habe in meiner Projektion „Schnee“ sehr viel poetisches Sprechen vermischt oder: ich habe in verschiedenen poetischen Sprachen formuliert.

Die Projektion zeigen Lotosblumen, man erkennt sie als biologische Körper. Im Spätherbst sind Lotosblumen schon verblüht. Lotosblumen erblühen in Asien nur im Sommer. Nach dem Verblühen bleibt der Stengel von den Blumen noch stehen. Die Blüte ist gestorben, vor der Kälte und wegen der Kälte im Winter. Aber sie fällt nicht um, sie bleibt noch stehen. Mit den Lotosblumen charakterisiert man gern eine chinesische Tugend.

Der englische Text ist von mir, was ich über westliche Kunst(Geschichte) erfahren und gedacht habe. Die einzelnen englischen Buchstaben fielen wie weiße Schneeflocken auf die Lotosblumen. Sie lagen auf vertrocknenten Blättern und Stielen… Das ganze Bild wirkt auf uns elend, jämmerlich, schwer und farblos. Damit kann man den schönsten Lebenszustand der Lotosblumen im Sommer nicht assoziieren. Mit diesem Bild, das ich gemalt und projiziert habe, reflektiere ich die aktuelle kulturelle Situation in China. Wegen der Globalisierung und der politischen und wirtschaftlichen Macht im Westen, hat sich China damit auseinandersetzen müssen. Auf den Konflikt zwischen chinesischer Tradition als Nationenidentität und westlichen Kulturen, die mengenweise nach China exportiert wurden und die chinesische Kultur beeinflusst haben, trifft die (biologische) Wirklichkeit „Lotosblumen im Winter unter Schnee“ zu. Der Schnee schluckt das Grün und das Leben hinunter, er erobert die Welt im Winter, man kann außer Weiß keine andere Farben in die Augen hereinholen.

Mit dieser Situation müssten wir uns als Chinesen auseinandersetzen. Ich habe Lotosblumen als das Symbol der Stabilität genommen, das jedem Chinesen vertraut ist. Chinesen müssen von sich überzeugt sein und daran arbeiten, dass chinesische Kultur in der nahen Zukunft von der Welt Aufmerksamkeit und Akzeptanz bekommt.

Die westliche Kultur ist wie Schnee auf unserem Boden gelandet. Starker Schnee im Winter ist gut für die Pflanzen im kommenden Jahr. Ich gehe mit Sicherheit davon aus, dass sich chinesische Kultur und Kunst bald lebendig auf der Welt präsentiern und nicht mehr als „Fernöstliches“ kategorisiert werden. Davon bin ich überzeugt und ich äußere das durch mein Werk und möchte damit chinesische junge Künstler um einen weiteren Beitrag  für die chinesische zeitgenössische Kunst zu ermutigen.

5. Wie schaut die Entwicklung der chinesischen zeitgenössischen Kunst nach Ihrer Vorstellung aus?

Ich habe mich immer auf dem Gebiet der chinesischen Tusche Malerei beschäftigt. Mein Werk besteht heute immer noch hauptsächlich aus tusche Malerei. Für mich besetzt chinesische Tusche Malerei nach wie vor den zeitgenössischen Geist. Die Tusche Malerei ist ein sehr schätzenswertes Erbe unserer Vorfahren. Aber die Künstler, die den Ehrgeiz haben, ihre Werke nach ihrer Identität zu malen, wollten nie das wiederholen, was unsere Vorfahren schon er- und bearbeitet haben. Sie sind nie  Kopiermeister gewesen.

Ich habe mein Gefühl in der Zeit, in der ich lebe, mit künstlerischen Mittelen ausgedrückt. Ich habe mich damit auseinandergesetzt, wie ich das Gefühl von mir und von meinen Zeitgenossen darstellen kann. Die Motive, die neu sind, die nicht mehr in der Wiederholung des Alten gefunden werden können, spiegeln den aktuellen Gesellschaftszustand wider, der unter den Bezeichnungen von Globalisierung, Ökonomie und Kulturwandlung steckt. Für die neuen Motive muss ich neue Konstruktionen, Bildatmosphären, Pinselstich, Titel sowie Malflächen finden. Diese Elemente konstruieren gemeinsam die chinesische Tusche Malerei. Das ist eine sehr persönliche Entscheidung und ich würde sie als eine Revolution im Ganzen sehen.

Revolution und Innovation bedeuten nach meiner Meinung nicht, das man sich vom Ursprung entfernt. Auch bei Revolutionen soll man im Rahmen bleiben. Revolution als suche nach Neuem bedeute nicht Willkühr (Willkürlichkeit) und Beliebigkeit. Durch Revolution soll man einen Fortschritt schaffen und Entwicklung aus dem Alten vorantreiben. Als Maler suche ich für jede Innovation nach einem neuem Ausdruck, der den Kern der Innovation umfassen solle. Und das ist der Ursprung, aus dem man stammt. Ich wünsche mir Bewertungen und Kommentare von meinen Kollegen aus dem gleichen Fachbereich, sie wollen mit ihren Fachkenntnissen meine innovativen Werke evaluieren.

6. Sie haben auch sehr viel Architektur geplant. Bitte erzählen Sie über Ihre architektonische Tätigkeit?

Das Fachwissen Architektur gehört in China zu den Ingenieurwissenschaft. Aber im Westen gibt es schon sehr viele Architektur-Artisten. Dass „Architektur“ in China in die Naturwissenschaft eingeordnet wurde, kam von der Umstellung der akademischen Fachwissenschaften in China im Jahren 1953.

Ich betone das: ich bin ein Maler und gleichzeitig auch ein Architekt! Malerische Fähigkeit braucht ein Architekt definitiv. Ich wollte bei mir anfangen, eine neue Bewegung des Zusammenführens zwischen freier Kunst und Architektur zu initiieren. Ein Künstler sollte Sensibilität und Rationalität gleichzeitig besitzen. Die zwei Faktoren sind nicht gegensätzlich! Wenn ich male, muss ich konstruieren. Bei der vernünftigen Konstruktion setze ich auch meine Emotion rein. Deswegen schaut meine Malerei auf keinen Fall maschinell strukturiert aus. In chinesischer Malerei gibt es viel atmosphärische Beschreibung. Atmosphäre muss mit Architektur übereinstimmen. Architektur ist Universal des Design und der Konstruktion. Das beinhaltet Funktionalität, Ästhetik und Exaktheit. Das sind die Schwerpunkte der Architektur und auch für mein Schaffen in der Kunst.

Die Vernunft brauche ich nicht nur in meiner Kunst, sondern auch für meine Arbeit als   Hochschuldirektor. Ich trage zwei Rollen, die des Künstlers und des Verwalters. Die beiden  Rollen treiben mich unaufgehört zur Arbeit an. Ich habe keine Wochenenden, keine Schopping Termine. Damit beschwere ich mich nicht, ich arbeite halt gern!    (lacht)

Übersetzung aus dem Chinesischen: Xiao Xiao; sprachliche Korrekturen: Heinz Thiel

Lotosblumen 01

Lotosblumen 01

Die Ausstellung „Dispersion und Generation“ im Today Art Museum Peking 9.-31.03.2013 und die Präsentation auf der 54. Biennale Venedig 2011

Pan Gongkai gilt als der bedeutendsten zeitgenössische chinesische Tuschemaler. Er wurde 1947 in der Provinz Zeijang als Sohn eines bekannten und einflußreichen Tusche-Meisters geboren. Er studierte an der Kunstakademie in Zeijang (China Academy of Art), und lehrte dort ab 1979. Fünf Jahre später war er bereits Direktor seiner Abteilung (head of the department). 1992 – 94 hielt er sich als visiting professor an der Berkely University in Californien auf, wurde 1996 Präsident der Kunstakademie in Zeijang und wechselte 2001 als Präsident zur Zentralen Kunstakademie nach Peking (cafa).

2010 erschien ein umfangreiches Werk über Meister der Tuschemalerei im 20. Jahrhundert, an dem er als Autor und Herausgeber beteiligt war: „Tracing the Past, Drawing the Future“.

Pan Gongkai hat in Europa (Paris) und den USA ausgestellt, allerdings vor allem in Museen und Instituten, die der asiatischen und besonders der chinesischen (traditionellen) Tuschemalerei verpflichtet sind. Seine Arbeiten werden in China auf einem sehr hohen Preisniveau gehandelt. Das chinesische Internet gibt Auktionspreise von größeren Arbeiten mit € 150.000 bis 200.000 an. In einem deutschen Auktionsportal wurden 28 verkaufte Arbeiten kleineren Formats aufgelistet (Preisauskünfte gegen Gebühr).

Lotosblumen 02

Lotosblumen 02

Die Pekinger Ausstellung „Dispersion and Generation“ präsentiert die Vielseitigkeit, die der Künstler der traditionsverbundenen Tuschemalerei abgewinnt. Die große Ausstellungshalle war in verschiedene Sektoren unterteilt, in denen unterschiedliche Arbeitsweisen Pan Gongkais im Vordergrund standen: eine sphärische Installation, die Projektions-Installation „Lotusblumen im Winter unter Schnee“ („Melting into the Lotus“), eine lange Tuschezeichnung als Werk und als Projektion der Entstehung, eine weitere Kooperation von Projektion und großformatigen materialisierten Details und eine Serie von mittelgroßen Tuschemalereien.

Das Werk „Lotusblumen im Winter unter Schnee“ war sein Beitrag für die Venedig Biennale 2011, allerdings in einem begehbaren Tunnel projeziert, während es in Peking in einem rechteckigen Raum zu erleben war.

Eine Beschreibung dieser Ausstellung kann man nachlesen auf www.designroads.wordpress.com im Archiv unter dem Datum 16.März 2013 „Eine Begegnung und ein nicht geführtes Gespräch“. Die Schilderung basiert auf meinem Erleben und Reagieren ohne Vorkenntnisse von Werk und Künstlerpersönlichkeit.

Pan Gongkai beim Interview

Pan Gongkai beim Interview

In Venedig war die Projektion subsumiert unter das Biennale-Thema „Illumination“, das vom Kurator des chinesischen Beitrags, Peng Feng, Professor am „Aesthetics and Educational Research Center“ der Peking University, in „Gerüche“ umgedeutet wurde. Jeder der fünf Künstler behandelte einen spezifisch chinesischen Geruch (flavour). Pan Gongkais Beitrag setzte sich mit dem Geruch der Lotusblume auseinander.