Erinnerungen an das Morgen von gestern – eine Ausstellung im Sprengelmuseum

Eine Art Fliegender Welt von Günter Haese, wie ein Zukunftsentwurf der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts

 

In einer kleinen, zweigeteilten Ausstellung präsentiert das Sprengel Museum Hannover drei Künstler, die der Stadt verbunden sind (oder waren) und die in ihren Skulpturen und Malereien die Zeiten von Gewalt, Tod, Unterdrückung und Repression in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts verarbeiten. Alle drei sind kräftige Künstler mit eigener Sprache, aber sie haben nicht das Flair internationaler Reputation. Jeder der Künstler hat einen eigenen Raum und kann sich somit ohne nachbarliche Irritationen ausbreiten. Jeder erzählt seine eigene Geschichte.

Die drei Künstler sind Hans Uhlmann (1900- 1975), Günter Haese (1924 – 2016) und Asmus Petersen (1928).  Petersen hat gerade seinen 90. Geburtstag gefeiert. Ich komme in einem eigenen Text noch auf ihn zurück.

Alle drei haben ihre Meriten, doch keiner ist zu einem bedeutenden internationalen Künstler geworden, trotz internationaler Präsentationen. Jeder hat seine eigene Sprache und verkörpert einen Aspekt der Nachkriegszeit in Deutschland, der Bewältigung einer politischen oder persönlichen Katastrophe und formuliert eine Zukunftssicht.

Es gibt keinen Katalog zu diesen drei kleinen Ausstellungen (jede etwa mit 30 bis 50 Objekten), aber Erläuterungsblätter mit prägnanten Informationen und Erläuterungsandeutungen. Das führt dazu, dass sich jeder Besucher tatsächlich selbst einen Zugang, eine Erläuterung finden muss.

Ich hatte das Glück, bei der Pressekonferenz den Sohn des erst vor zwei Jahren verstorbenen Günter Haese zu treffen, der viele Arbeiten aus dem Privatbesitz beigesteuert hat. Ich fragte ihn nach den sehr gleichmäßigen feinen Drahtgeflechten in den Skulpturen seines Vaters; ich wollte wissen, ob er diese „Netze“ selber geflochten oder gestrickt hätte. Günter Haese (der Sohn trägt den gleichen Vornamen wie der Vater), antwortete mit dem Hinweis: „Damals gab es „Goldtaler“, das waren Schokoladentaler in gold-gelber Alufolie in einem Säckchen aus Alufäden.“ Daraus ergab sich die „Käfigstruktur“ der Objekte. Dass daraus ein ästhetisches System wurde, war wohl nur möglich, weil der Künstler diese Materialien im frühen Nachkriegsdeutschland von den Herstellern geschenkt bekam. „Ein Künstler; nehmen Sie mit, was Sie wollen“, so etwa schildert der Sohn die Situation, die er als Kind miterlebt hat.

Mechanik war auch Mitte des 20. Jahrhundert immer noch die gängige Technologie. Und der Künstler Günter Haese bediente sich dieser, ihm vertrauten Technologie. Was dadurch entstand, bezeichnete die Kuratorin Carin Plath wissenschaftlich zutreffend als „Sinnstiftung in dieser Zeit“.

Ich kenne diese Zeit auch aus meiner Kindheit, erinnere mich ebenfalls an die Säckchen voller Goldtaler (die bis heute noch auf dem Markt zu finden sind), assoziiere allerdings eher Käfige, scheinbar offene Räume und luftige Utopien. Auch das sind „Sinnstiftungen in dieser Zeit“.

Emotional berührt haben mich trotzdem vor allem die Alltagshinweise des Sohnes Günter Haese, die er im Gespräch weiter angereichert hat mit Erinnerungen, wie sich sein Vater gegen eine totale Vereinnahmung großer Galerien wehrte und dadurch seine Entscheidungsfreiheit bewahrte, aber einen geschichtsträchtigen internationalen Namen verschenkte. Ein entscheidender Einbruch in seinem Leben war das nicht: „Mein Vater hat immer verkauft“, sagt der Sohn.

Kunst und Alltagsleben – das ergibt auch einen Weg zum Verstehen. – Eine sehr sehenswerte Ausstellung (bis 7. Oktober 2018)

Diese Arbeit von Günter Haese würde ich gerne eine Space-Schaukel nennen

Die Beleuchtung innerhalb der Ausstellung gibt den Arbeiten im Foto einen eigenen, futuristischen Hauch. Das sieht man nicht in der Ausstellung. Mit gefiel aber das Spiel der Schatten zusammen mit den Objekten und deshalb wählte ich nicht die Pressefotos.

 

 

 

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